Herzog & de Meuron planen mit Vogt Landschaftsarchitekten den Grasbrook. Zentrales Element des Entwurfs bildet ein großer Park, der sogenannte „Stadtpark Veddelhöft“. Die Veddel soll mit einer großen Brücke angebunden werden.
Am vergangenen Freitag war es soweit: Das Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron, das bereits in der näheren Nachbarschaft die Elbphilharmonie plante, wird gemeinsam mit Vogt Landschaftsarchitekten aus Zürich den Städtebau und die Freiräume am Grasbrook gestalten.
Wohnen mit Ausblick
Die Wohnbebauung wird im nördlichen Bereich des Grasbrooks angesiedelt. Dabei setzen die Planerïnnen auf eine große Dichte, die sich besonders durch eine hohe Geschosszahl auszeichnet. So sind am Ufer der Nordelbe Hochhäuser mit bis zu 14 Geschossen geplant. Südlich davon sollen teils offen gehaltene, teils geschlossene Blockrandbebauungen in ökologischer Holzbauweise angrenzen. Die Wohnbauten stufen sich von zehn auf bis zu sechs Geschosse zum Park hinab. Getrennt werden die beiden unterschiedlichen Bebauungsstrukturen durch eine Erschließungsstraße. Der Grasbrook soll aufgrund der kurzen Wege vorwiegend verkehrsarm gestaltet werden. Geplant sind ungefähr 3.000 Wohnungen im Drittelmix, die neben privaten Investoren auch Genossenschaften und Baugemeinschaften zur Verfügung stehen.
Ein großer Park für Alle
Der Entwurf zeichnet sich durch einen fünf Hektar großen Park im mittleren Teil des Moldauhafenquartiers aus. Als grüne Mitte bildet er die Möglichkeit für zahlreiche Nutzungen wie Spiel-, Sport- und Aktivitätsflächen. Zudem dient der Park als Frischluftschneise, die sowohl für das Mikroklima förderlich sein soll, als auch gezielt gegen die Bildung von Hitzeinseln – urbane Orte, an denen sich Wärme aufstaut – hilft. Um auch zwischen den Wohnblöcken eine Erhitzung zu vermeiden, ist eine großflächige Baumpflanzung im Quartier vorgesehen. Darüber hinaus sollen Fassadenbegrünungen gezielt an besonders lärm- und feinstaubbelasteten Orten platziert werden. Im Westen des Stadtparks Veddelhöft wird als Hochwasserschutzmaßnahme ein Parkteich angelegt, der als sogenannte Retentionsfläche übermäßige Wassermengen sammelt.
Weiter südlich knüpft ein 400 Meter langes Dach – die sogenannte „Überseemeile“ – an den Stadtpark und erweitert die Fläche als überdachter Außenraum. Drei mögliche Nutzungskonzepte sind dafür vorgesehen, die von kommerziellen und nicht kommerziellen Nutzungen, bis zur Energieerzeugung reichen. Weiter muss geklärt werden, ob die Stadt Hamburg oder ein Investor die Fläche wirtschaftlich tragen wird. Rund 40 Millionen Euro soll die Herstellung der neuen Dachfläche kosten.
Als Anknüpfung an die Wasserflächen stehen rund vier Kilometer begehbare Ufer den Bewohnerïnnen zur Verfügung. Darüber hinaus schlagen die Planerïnnen in ihrem Entwurf ein Flussbad am Saalehafen vor.
Ein neues Zentrum für Veddel und Grasbrook
Der nordwestliche Bereich des Quartiers wird gewerblich genutzt. Grund hierfür ist die unmittelbare Nähe zu den Gleisen – die Bauten dienen als Lärmschutz für die Wohnbebauung. Mit der Platzierung der öffentlichen Flächen entsteht an dieser Stelle ein neues Zentrum, das zudem den Bewohnerïnnen der Veddel genutzt werden soll. Geplant sind öffentliche Funktionen wie ein Ärztehaus, eine Bibliothek. Aber auch Einzelhandel sowie eine Kita und eine Schule sollen in dem Bereich angesiedelt werden.
Um das Zentrum zudem baulich hervorzuheben, schlagen die Planerïnnen an der U-Bahnhaltestelle Grasbrook, die den Moldau- und Saalehafen quert, drei Hochhäuser vor. Die Juroren sind allerdings nicht davon überzeugt, dass an dieser Stelle Hochhäuser die richtige Bebauung darstellen. Oberbaudirektor Franz-Josef Höing sprach auf der Pressekonferenz hingegen von „Platzhaltern für besondere Orte“. Wie die Verlängerung der U4 Richtung Wilhelmsburg konkret aussehen soll, ist bisher ungeklärt. Prof. Bruns-Berentelg hält sowohl einen Süd-, als auch Westverlauf der Trasse für möglich.
Anlehnung an den historischen Bestand
Im Hafentorquartier greifen die Kubaturen der Neubauten die historische Bebauungsstruktur aus Kontorhäusern und Lagerhallen auf. Die drei denkmalgeschützten Bauten bleiben erhalten, erhalten lediglich neue Funktionen als Gewerbeflächen bzw. Gedenkstätte (darüber wurde in diesem Artikel berichtet). Insgesamt 16.000 Arbeitsplätze sollen am Grasbrook entstehen.
Bei der Fassadengestaltung ist eine Dreiteilung vorgesehen: So sollen die Hochhäuser im Norden weiß verputzt werden und stellen damit eine Anlehnung an die Bauten an der Alster dar. Die Blockrandbebauung zum Park hin soll in Holzbauweise ausgeführt werden, während die Gewerbebauten den umliegenden Klinker aufgreifen. Inwieweit diese Fassadengestaltung tatsächlich umgesetzt wird, wird in den kommenden Architekturwettbewerben entschieden.
Anbindung an die Veddel
Die nördliche Veddel wird über eine 30 Meter breite Brücke, die teilweilse begrünt, teilweise wettergeschützt ist, angebunden. Diese bietet Raum für Fußgängerïnnen und Radfahrende. Eine weitere Querungsmöglichkeit der Bahngleise ist am Immanuelplatz vorgesehen.
Neben einer weiteren Anbindung an die Innenstadt durch die U4 erweitern zusätzliche Einzelhandelsflächen im neuen Grasbrooker Zentrum das bisherige Angebot auf der Veddel. Die Grundschule am Grasbrook sowie die Sportflächen sollen von den Kindern der Veddel mitgenutzt werden. Als weiterführenden Gedanken und für eine stärkere Durchmischung ließe sich damit die Schule auf der Veddel zu einer Stadtteilschule bzw. Gymnasium erweitern.
Inwieweit es ein ergänzendes Angebot auf der Veddel gibt, ist bisher unklar. Laut HafenCity GmbH ist auf der Veddeler Spitze ein großes Gebäude vorgesehen. Welche Nutzungen dort angesiedelt werden, steht allerdings noch nicht fest. Hier läuft momentan das städtebauliche Testplanungsverfahren zum Stadteingang Elbbrücken. Das Rahmenkonzept hierfür soll in diesem Sommer veröffentlicht werden.
Auf dem Grasbrook wird es im Sommer 2021 ein konkreteres Bild zum Städtebau und der Freiraumplanung geben. Erste hochbauliche Maßnahmen werden bereits 2023 mit dem Bau des Hafenmuseums erwartet.
Wettbewerbsverfahren
Insgesamt zwölf Planungsteams, bestehend aus sechs Architektur- und sechs Landschaftsarchitekturbüros nahmen an der ersten Konzeptphase teil. Zur zweiten Vertiefungsphase wurden aus beiden Disziplinen jeweils drei Teams ausgewählt und in Gruppen zusammengeschlossen. Diese Form des Wettbewerbs stellt ein Novum dar, da es sich von Anfang an um gleichberechtigte Teams handelt. In der Regel ist die Landschaftsplanung der Architektur bzw. dem Städtebau untergeordnet.
Seit Ende 2019 fanden regelmäßige Informationsveranstaltungen und Werkstätten statt. Zudem konnten Bürgerïnnen auf einer digitalen Plattform Wünsche, Kritik und Fragen äußern.
DATEN
Städtebau: Herzog & de Meuron
Freiraum: Vogt Landschaftsarchitekten
Entwicklung: HafenCity GmbH
Zeitraum: 2023–2040
Projektgröße: 46 ha
BGF Gesamt: 880.000 qm
BGF Wohnen: 300.000 qm / 3.000 Wohneinheiten
BGF Gewerbe: 570.000 qm / 16.000 Arbeitsplätze
BGF Kita/Grundschule: 10.000 qm
Einen groben Überblick zum Projekt finden Sie hier.