Auch wenn ich aktuell dem Weihnachtsstress um mich herum stolz entgegentrotze, so kreisen die Gedanken immer häufiger um mögliche Geschenke für die Liebsten. Mit Büchern kann man viel richtig und noch viel mehr falsch machen, daher wird dieser Beitrag keine glückselig erfreuten Beschenkten garantieren. Den richtigen Geschmack müsst Ihr schon treffen.
Zusammen gekommen ist ein buntes Potpourri aus Sachbüchern, Bildbänden und auch dieses Mal hat es ein Roman in die Liste geschafft. Was mir nach der Zusammenstellung allerdings aufgefallen ist: So gut wie alle vorgestellten Bücher wurden von Männern geschrieben bzw. herausgegeben. Mit der Diversität hat es in dieser Ausgabe nicht geklappt, doch ich gelobe Besserung: In der nächsten Ausgabe werde ich ausschließlich Autorinnen und deren Veröffentlichungen vorstellen.
Viel Vergnügen mit den spannendsten Neuausgaben zum Jahresende.
Hamburgische Architektenkammer (Hg.) – Architektur in Hamburg
Ein Klassiker, der weder im Architekturbüro, noch im Bücherregal von Hamburg-Architekturliebhaber*innen fehlen darf. Die Reihe erscheint jährlich und präsentiert die baulichen Highlights der vergangenen zwölf Monate aus Hamburg. In diesem Jahr werden neben dem U-Bahnhof Elbbrücken von gmp, die ersten Bauten am Baakenhafen von u.a. Delugan Meissl vorgestellt. Der redaktionelle Teil widmet sich neben weiteren interessanten Themen, u. a. dem 50-jährigen Steilshoop-Jubiläum.
„Im Hamburger Feuilleton wirft die Redaktion einen Rückblick auf fünfzig Jahre Steilshoop und die gefährdeten Bauten der Spät- und Postmoderne in Hamburg. Außerdem widmen sich die Autoren u.a. der aktuellen Gestaltung von Haltestellen der Hamburger S-Bahn, der Frage, ob neue Stadträume vor allem neue Verkehrsräume sein sollten, dem Thema Dichte in historischer und aktueller Perspektive sowie den neuen Hamburger Kreativorten am Wasser. Im aktuellen Porträt werden dieses Jahr die Architekten Wacker Zeiger, im historischen Porträt die Architekten Ingeborg + Friedrich Spengelin vorgestellt. Ein Fotoessay begleitet den Abriss des City-Hofs.“
Erschienen im Junius Verlag
Andrea Bocco Guarneri – Vegetarian Architecture. Case-Studies on Building and Nature
Fleischliebhaber*innen mag der Titel wahrscheinlich übel aufstoßen. Jetzt soll auch noch die Architektur vegetarisiert werden. Dabei ist die Frage nach der Klimafreundlichkeit von Neubauten und Sanierungen gar nicht so abwegig. Schließlich wird zwar seit vielen Jahren fleißigst gedämmt, doch steht das Wärmedämmverbundsystem aufgrund gesundheitsschädlicher und brandbeschleunigender Materialien stark in der Kritik. Ökologisches Bauen stellt eine optimale Alternative dar, aber wie sieht das im konkreten Fall aus?
„Dieses Buch stellt eine Auswahl von Gebäuden zusammen, die auf einfachen Technologien, Handwerkskunst und dem sorgfältigen Einsatz von lokalen und natürlichen Materialien basieren. Die Bauten weisen eine hervorragende Bauqualität auf, unterstützen die Landschaftsrestaurierung sowie die Bildung von Gemeinschaften. Sie stammen aus Europa und Japan und rücken weniger bekannte Architekten, unauffällige Bauwerke und marginale Orte, an denen sich unabhängige Ideen und Konzepte entwickeln konnten, ins Licht.“
Erschienen im Jovis Verlag
Bernd Jonkmanns, Christoph Dallach – Hamburg Vinyl 33 Hamburg Cover und ihre Geschichte
Hamburg Vinyl ist kein Architekturbuch, sondern vielmehr ein Buch für Musikfans. Und doch ist es für Architekturinteressierte spannend, denn die beiden Autoren beschäftigen sich mit Hamburger Orten, die den Hintergrund von Albumcovern abbildeten. Wie sieht es heute an diesen Schauplätzen aus?
„Der Hamburger Hafen ist auf unendlich vielen Plattencovern verewigt worden – was oft dekorativ anzuschauen ist, aber nur selten das Hören der Platten lohnt. Daneben gibt es viele Plattenhüllen, die ihren Hamburger Kontext erst auf den zweiten Blick verraten und dazu noch erstklassige Musik zu bieten haben. So wie das Coverbild des jungen John Lennon, lässig in einem Hauseingang auf St. Pauli posierend, von Sonny & Cher auf dem Höhepunkt ihres Ruhms vor dem Hotel Atlantic an der Alster oder das Gruppenbild der mythenumwehten US-Beat-Band The Monks, die es für eine Fotosession in den Hirschpark nach Blankenese verschlug. Die dreiunddreißig besten davon wählte er aus und setzte die historischen Cover an den Originalschauplätzen erneut in Szene. So entsteht einerseits eine Popgeschichte Hamburgs in Bildern und zugleich ein Dokument der Großstadt im Wandel, denn viele der auf den Hüllen abgebildeten Orte sind längst verschwunden oder haben sich radikal verändert.“
Erschienen im Junius Verlag
Andreas Ruby, Yuma Shinohara (Hg.) –Swim City – Megatrend: Schwimmen in urbanen Gewässern / Liquid Public Spaces: Flüsse als Teil des öffentlichen Raums
Der Sommer ist zwar vorbei, doch hallen immer noch die Gespräche zu den Nutzungsmöglichkeiten von Wasserräumen in Hamburg nach. Der BDA Hamburg sprach im Rahmen des diesjähirgen Architektur Sommers mit Expert*innen, wie sich Flüsse für die Bevölkerung nutzen ließen. Ein kostenfrei nutzbares Elbschwimmbad? Klingt nicht schlecht, oder? Flussschwimmen mag sich hier zwar noch nicht durchgesetzt haben, doch in der Schweiz gehört die Nutzung der Gewässer zum Alltag. Dies war Grund genug, um eine Ausstellung im Schweizerischen Architekturmuseum zu machen. In der dazu erschienenen Begleitpublikation „Swim City“ werden in großformatigen Bildern die Flussschwimmstädte Basel, Genf, Bern und Zürich vorgestellt.
„Urban Swimming liegt im Trend. Schweizer Städte sind weltweit Vorreiter und viel beachtete Vorbilder in Sachen Flussschwimmen im städtischen Raum. Auch in Metropolen wie London, New York und Berlin fordern immer mehr Menschen das Recht auf ihre Flüsse, Häfen und Kanäle zurück und verweisen auf die Situation in der Schweiz. Hier sind in vielen Städten die Flüsse mit ihren Uferzonen schrittweise als öffentliche Ressource erschlossen worden. Menschen, die sich während der Mittagspause mit einem Sprung ins Wasser erfrischen oder das Schwimmen im treibenden Fluss als Arbeitsweg nutzen, sind heute fester Bestandteil von Schweizer Städten.“
Erschienen im Christoph Merian Verlag
Oliver Hasemann, Daniel Schnier, Anne Angenendt, Sarah Oßwald – Building Platforms: Entstehungsorte schaffen
Immer wieder entdecken wir in Städten Brachen und Leerstände, deren nächste Nutzung noch bevorsteht. Bis dahin gibt es für Mutige die Möglichkeit, im Rahmen einer Zwischennutzung solche Orte als Experimentierfeld zu aktivieren und Neues oder Bewährtes zu einem günstigen Mietpreis zu testen. Diese Thematik wird auch kritisch betrachtet, doch darauf gehe ich wannanders ein. Das wohl bekannteste Kollektiv, das sich der Distribution von temporär nutzbaren Orten widmet, ist die ZwischenZeitZentrale in Bremen. Seit zehn Jahren werden Konzepte mit dazu passenden Räumen verknüpft. Kein Wunder also, dass mit dieser langjährigen Erfahrung nun ein Handbuch zu den Erfolgsfaktoren sowie best practice Beispielen von Zwischennutzungen erschienen ist.
„Wie kann eine Stadtgesellschaft schlummernde Leerstände nachhaltig wieder beleben? Seit 2009 öffnet die ZwischenZeitZentrale (ZZZ) in Bremen temporär Zeitfenster und Türen, um in Zwischennutzungen zeitlich begrenzt experimentelle Nutzungen und neue Kollaborationen zu erproben, die als Testlauf für die Entwicklung von langfristigen Projekten dienen können. Aus dem Nischenphänomen Zwischennutzung, welches das Fehlen von Stadtplanung nutzt, kann damit ein wirksames Instrument der Stadtentwicklung werden.“
Erschienen im Jovis Verlag
Jan Böttcher – Das Kaff
Zugegeben, mein Bücherregal ist größtenteils mit Romanen gefüllt, denn die großen Architekturbildbände haben sich mit den zahlreichen Wohnungsumzügen langsam von mir verabschiedet. Zu schwer, und ich guckte eh so gut wie nie rein. Fachbücher sind mir mittlerweile viel lieber, doch darf es auch mal gerne ein Roman zum Thema Stadt, Land, Bauen sein. Mit Jochen Schmidts sehr amüsantem Buch „Im Auftrag von Otto Kwant“ hat es dieses Jahr auf der belletristisch-architektonischen Ebene sehr gut geklappt, vielleicht gebe ich Jan Böttcher mit „Das Kaff“ auch eine Chance – das Buch ist seit Kurzem als Taschenbuch erhältlich.
„Familie, Freunde, Erinnerung? Darauf hat Architekt Michael Schürtz nie etwas gegeben. Er ist der Karriere wegen in die Großstadt gezogen und kehrt nur widerwillig für einen Bauleiterjob in seinen Heimatort zurück. Doch die Menschen kommen ihm näher, als er möchte. Und irgendwann muss er einsehen, dass er nie mehr war als das: ein Nobody aus einem Kaff in der norddeutschen Tiefebene. Und dass sein Leben hier und jetzt beginnen kann.“
Erschienen im Aufbau Verlag
Yorck Förster, Christina Gräwe, Peter Cachola Schmal (Hg.) –Architekturführer Deutschland 2020
Wer Deutschland gerne bereist und dabei das ein oder andere Architekturhighlight nicht verpassen möchte, dem bzw. der sei der jährlich erscheinende Architekturführer von dom publishers ans Herz gelegt. Dieses Buch eignet sich insbesondere für diejenigen, die Lust darauf haben, den Süden Deutschlands architektonisch zu erkunden. Denn im Norden ist bis auf drei (!!!) Projekte eh nichts los. Hier muss man sich eindeutig die Frage stellen: Wird in Norddeutschland nur Schrott gebaut oder können sich norddeutsche Architekturbüros einfach nicht richtig vermarkten?
„Die Bauten selbst könnten unterschiedlicher nicht sein: Ensembles im dichten innerstädtischen Kontext sind ebenso vertreten wie Gehöfte und Waldklausen, Messehallen und Forschungsgebäude, Bibliotheken und Schulen. Große und kleine Gebäude für die Kultur, aber auch gastronomisch genutzte Bauten gehören zur Auswahl sowie eine ganze Reihe an bemerkenswerten Sakralbauten. Einen großen Stellenwert haben Wohngebäude verschiedener Größe und an ganz unterschiedlichen Standorten, ob nun in einer Umnutzung vormaliger Verwaltungsbauten oder Industrieanlagen oder als kostengünstige Neubauten.“
Erschienen bei DOM Publishers
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