Am ersten Augustwochenende finden zum vierten Mal die HALLO: Festspiele auf dem Gelände des Kraftwerk Bille statt. In diesem Jahr steht Wasser im Fokus.
Dagmar Pelger läuft barfuß über eine riesige, weiße Plane, auf der ein Ausschnitt rund um das südöstliche Hammerbrook zu sehen ist. Die Dozentin bückt sich über den von Hand gezeichneten Stadtplan und deutet in einem Flußarm der Bille auf kleine Polygone, die Boote darstellen sollen: Von hier aus wurden die Räume rund um das Kraftwerk Bille erkundet. Die üblichen Wege auf dem Festland im Stadtteil sind bekannt, doch wie sieht es mit der Zugänglichkeit vom Wasser aus? Welche Grenzsituationen ergeben sich daraus? Mit diesen Fragen und Denkansätzen haben sich 22 Studierende der HCU beim Ruderverein RV Bille Boote ausgeliehen, den Stadtteil aus der Wasserperspektive heraus erkundet und kartiert. Auf einer großen Karte werden die Ergebnisse in szenischen Skizzen festgehalten, Gespräche mit Anwohner*innen ergänzen die baulichen Erfassungen um ihre Geschichten und Hintergründe.
Dass Wasser in Hamburg nicht nur durch die Hafenfunktion eine zentrale Rolle spielt, zeigt sich im aktuellen Stadtentwicklungskonzept „Stromaufwärts an Elbe und Bille“. Hier wurde als eines von drei Kernzielen das Zugänglichmachen von Uferzonen in den Quartieren gesetzt. Doch es fehlt an konkreten Vorschlägen, auf welche Art und Weise sich diese Zonen letztlich nutzen lassen. Betrachtet man Wasser nun als öffentlichen Raum, stellt sich die Frage nach der Einbindung dessen an die bereits zugänglichen Räume. Eine spannende Auseinandersetzung, die dieses Jahr das Kernthema der HALLO: Festspiele sein wird: Wie lässt sich Wasser metaphorisch, symbolisch und tatsächlich an Land bringen, um öffentlich zugängliche Räume zu schaffen? Am ersten Augustwochenende wird das Stadtentwicklungskonzept von den Kurator*innen weiter gedacht und im Rahmen der Festspiele in künstlerischer Form eruiert. Wasser wird öffentlicher Raum und über Container, die auf Pontons im Wasser schwimmen, mit einer Treppe erreichbar. Von diesem temporären Anleger aus sollen die Möglichkeiten dieses neu errungenen Raumes inspiziert und adaptiert werden.
So bieten HCU Studierende gemeinsam mit der Performancegruppe cobratheater.cobra und dem Ruderverein RV Bille Touren zu Wasser und zu Land an. Während der Ausfahrten entlang der Bille im Kanu kann man die Nachbarschaft aus einer neuen Perspektive erkunden und gleichzeitig verborgene Orte entdecken. Die bisher ermittelten Ergebnisse zum Stadtteil werden von den Studierenden auf einer großen, begehbaren Karte präsentiert.
Auf dem Gelände des Kraftwerk Bille gibt es Gesprächsrunden, unter anderem mit der Stadtethnologin Kathrin Wildner, der Künstlerin Nuriye Tohermes und dem Künstler Adnan Softic. In einer Sauna testen die beiden Stimmkünstlerinnen Frauke Aulbert und Ann-Kathrin Quednau ihre Stimmen. Die Architekt*innen von Yes We Camp bauen schwimmbare Untersätze und die geheimagentur plant eine Erweiterung der Lecture Performance Radical Seafaring.
Kulinarisch werden die Köche von Geschmacksträger die Festivalgäste mit regionalem und saisonalem Streetfood versorgen. Dazu gibt es die Möglichkeit, mit einem Wassertaxi zum Kraftwerk zu gelangen. Der Tag klingt schließlich mit einer nächtlichen Wasserparade und Musik von DJ Marcelle, Hot & Potato, plastiq, POSSY, Vetter_Huber, Tosta Mixta und Vielen mehr aus.
Seit 2015 finden die Hallo: Festspiele auf dem Gelände des Kraftwerk Bille statt. Ziel ist es, durch künstlerische Forschung den Ort und den Stadtteil der Bevölkerung zu öffnen und näher zu bringen. Mitmachen kann und soll jede*r. Die Festspiele ermöglichen es insbesondere in diesem Jahr, neue Zugänglichkeiten zu schaffen und den Stadtteil aus einer völlig anderen Perspektive kennenzulernen. Also, Badesachen einpacken und ab in den Osten – geplanscht werden kann vom 3. Bis 5. August rund um das Kraftwerk Bille.
Weitere Informationen zu den HALLO: Festspielen gibt es hier.