Verleihung BDA Hamburg Architektur Preis 2018 und Publikums Architektur Preis des Hamburger Abendblattes
Es herrschte Gedränge im zweiten Stock des Empire Riverside Hotel. Rund 300 Gäste aus der Planung, Politik und Immobilienbranche waren erschienen, um zu erfahren, welche Architekturbüros und Bauherren den BDA Preis 2018 erhalten haben. Der BDA Preis wird alle zwei Jahre ausgelobt und hat das Ziel, vorbildliche Architektur zu würdigen und gleichzeitig Qualitätsmaßstäbe in der zeitgenössischen Architektur zu setzen.
„Hamburg ist schön.“
In der Eröffnungsrede sprach sich der 1. Vorsitzende des BDA Hamburg, Daniel Kinz für die Qualität, insbesondere im Wohnungsbau aus. „Es geht beim Wohnen um mehr als ein Dach über dem Kopf. Es geht um die Schaffung von Zuhause und Orientierung und die Gestaltung einer dauerhaften Grundlage für unsere künftigen sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse.“
Der Chefredakteur des Magazins „der architekt“ und Juryvorsitzender des diesjährigen Preises Prof. Andreas Denk sah in der Architektur die Bewältigung aufkommender und gegebener Herausforderungen aus Klimawandel, Migration und demografischen Wandel: „Wenn wir in einer Welt leben wollen, die auch nur annähernd ein gelingendes Leben für möglichst alle Menschen einräumt, müssen wir der Art und Weise, wie wir unsere Behausungen bauen und anordnen, größere Aufmerksamkeit als jemals zuvor schenken.“ Es gehe dabei um viel mehr als den Preis und Wert einer Immobilie. Man müsse den Anforderungen auf die immer komplexer werdenden Lebensbedingungen gerecht werden. Dies gelänge jedoch nur, wenn man Architektur als ganzheitliche Symbiose aus Materialität, Funktion und Ästhetik begreife.
Der BDA Preis wurde in diesem Jahr zum zehnten Mal ausgelobt. Prämiert werden Bauten, die seit dem Januar 2016 fertiggestellt wurden. Aus 89 Einreichungen wurden 40 Bauten von der fünfköpfigen Jury vor Ort angesehen. In der Jury waren in diesem Jahr Prof. Prof. Anne-Julchen Bernhardt (Architektin, BeL), Prof. Andreas Denk (Chefredakteur, der architekt), Franz-Josef Höing (Oberbaudirektor, Hamburg) Prof. Benedikt Schulz (Architekt, Schulz und Schulz) sowie Julia Tophof (Architektin, Hemprich Tophof Architekten) vertreten.
Eine vorbildliche Erhaltung eines Denkmals
Den ersten Preis erhielten KSP Jürgen Engel Architekten gemeinsam mit der Südamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft für die Sanierung und Erweiterung der Hamburg Süd Headquarters in der Hamburger Altstadt. Das denkmalgeschützte Bestandsgebäude, das in den 1960er Jahren gebaut wurde und seither der Verwaltungssitz der Reederei ist, wurde energetisch saniert und erhielt eine neue Fassade. Der Bestandsbau wurde zudem um einen siebengeschossigen Neubau mit Tiefgarage erweitert.
Die Jury lobte die Umsetzung der energetischen Sanierung, da dies „das gefürchtete Ende herausragender Nachkriegsarchitektur bedeuten [kann]. […] Die Architekten der Sanierung haben sich vorbildlich an den Gestaltungsmerkmalen der Hamburger Architekturikone orientiert, die Cäsar Pinnau 1958-1964 nach den Vorbildern des Lever House von SOM und des Seagram Building von Mies van der Rohe erdacht und realisiert hat.“
Ein neuer Baustein für ein historisches Bestandsensemble
Den zweiten ersten Preis erhielten gmp · von Gerkan, Marg und Partner für die Erweiterung der Unternehmenszentrale der Gebrüder Heinemann in der HafenCity. Die Erweiterung, die direkt neben dem historischen Heinemann-Speicher liegt, umfasst den Neubau mit einem Erd- und Galeriegeschoss sowie acht Büroetagen und einen Tiefgaragenbereich. Die Fassaden greifen in ihrer Materialität aus Backstein, Glas und einem vertikalen Fassadenrelief die umliegende Bebauung auf. Die Büroräume wurden um eine innenliegende Mittelzone angelegt, in der u.a. Gemeinschaftsräume angesiedelt sind.
Die Jury lobte die städtebauliche Anmutung sowie die gelungene Schaffung eines Gesamtensembles. „Unmittelbar neben dem Heinemann-Speicher positioniert, fügt sich der Neubau mit seiner ortstypischen Fassade aus Backstein in sein Umfeld ein. Dabei stellt seine gestaffelte Kubatur mit Austritten, der geschosshohen Verglasung und den nach dem Windmühlen-Prinzip angeordneten Fensteröffnungen eine zeitgemäße Neuinterpretation der Speicherarchitektur dar.“
Ein architektonisches Symbol für die Stadt
Den dritten ersten Preis und den Publikumspreis des Hamburger Abendblattes erhielten Herzog & de Meuron und die Freie und Hansestadt Hamburg für die Elbphilharmonie in der HafenCity. Das Projekt stand aufgrund der immensen Kostensteigerungen und dem Bauablauf jahrelang in der Kritik. Mit der Fertigstellung zog auch der Groll davon. Seitdem gilt der Bau als Publikumsmagnet.
Die Jury lobte die Bewerkstelligung der Aufgabe, einen komplexen, hybriden Baukörper zu schaffen, der aus Konzertsälen, einem Hotel, Eigentumswohnungen sowie einem Parkhaus besteht. „Die hochkomplexe Ordnung der Raumdisposition ermöglicht atemberaubende Perspektiven innerhalb des Gebäudes und zahlreiche panoramatische Ausblicke auf Stadt und Hafen. Über die individuell erlebbare räumliche Erfahrung hinaus ist es den Architekten gelungen, mit einer aus der architektonischen Form und den dabei verwendeten Materialien entwickelten Ikonografie dem Gebäude eine lesbare Deutung zu verleihen: Seine Funktion als Spielort von Musik allergrößter Qualität ist zu einem philosophisch begründeten Ausgangspunkt für die Entwicklung seiner architektonischen Gestalt geworden. Mehr als der Zusammenfall von Funktion und Symbol ist der Architektur nicht möglich.“
Keine Wohnbauten unter den Erstplatzierten
Daniel Kinz hatte in seiner Eröffnungsrede über die Relevanz von qualitativem Wohnungsbau gesprochen. Die Relevanz zeigte sich auch in der Menge bei den Einreichungen: Die Typologie der Wohnbauten war als größte Gruppe vertreten und doch erhielten lediglich zwei Projekte den zweiten Preis: das „Atelierhaus Gaußstraße“ von ppp architekten + stadtplanern und das Klimaquartier „Op’n Hainholt“ von eins:eins architekten. Der dritte Preis wurde an fünf Wohnbauten vergeben, elf Projekte erhielten eine Würdigung.
Beim BDA Preis geht es um die architektonische Qualität von Bauten. Die eingereichten Projekte befanden sich zwar größtenteils auf einem hohen Niveau, konnten allerdings mit der überdurchschnittlichen Qualität der Erstplatzierten nicht mithalten. Vielleicht ist es in der zehnten Ausgabe des BDA Preises ein Zufall gewesen, dass kein Wohnprojekt den ersten Preis erhalten hat. Die Konkurrenz war einfach zu stark. Aber vielleicht liegt es tatsächlich an der aktuellen Praxis des Bauens, das immer schneller und kostengünstiger sein muss. Schließlich muss die Masse bedient werden. Wohnen vom Fließband?
Wenn es darum geht, lebenswerte Städte zu schaffen, dann sollte man die Bürgerinnen und Bürger, die Nutzerinnen und Nutzer der Stadt in den Fokus setzen. Daher bedarf es der Schaffung spannender alltäglicher Architekturen, die neue Impulse für das Quartier setzen können. Es gibt qualitativ hochwertigen Wohnungsbau, das ist sicher. Der BDA Preis zeigt in diesem Fall, dass es in Hamburg noch ausreichend Luft nach oben gibt.
Die Ausstellung zum BDA Preis wird bis Mitte Januar in der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen zu sehen sein, dann wandert sie weiter in die Geschäftsstelle des BDA Hamburg in die HafenCity.
Alle weiteren Preisträger des BDA Preises gibt es hier.