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Bauwelt Kongress 2017: Zukunft Wohnhochhaus?

BauweltKongress2017

Wie werden wir in Zukunft in unseren Städten leben? Der Zuzug ist momentan immens, das Versäumnis der Regierung, kostengünstigen Wohnungsbau zu realisieren leider auch. Wie geht man nun mit dieser akuten Situation um? Müssen wir nun auch eine Obergrenze für neue Zuziehende fordern? Städtische Flächen sind kaum mehr verfügbar, eine Devise lautet daher: Im Bestand Aufstocken und Nachverdichten. Doch der Widerstand der Bewohner aus den innerstädtischen Kernen ist groß. Zuzug meinetwegen, but not in my courtyard! Ist das Format fünfgeschossige Blockrandbebauung mit leichter Durchmischung das Zukunftsmodell für Städte mit einem solch hohen Zuwachs? Oder sollte es nicht eher heißen, think big, think high – das Wohnhochhaus als neues Modell, um auf wenig Fläche zahlreiche Möglichkeiten in der Höhe zu realisieren. Wir sprechen in Deutschland übrigens bereits von Hochhäusern bei Gebäuden, die ab 22m hoch sind.

Dass dieses Thema polarisiert und gleichzeitig höchstaktuell ist, zeigte sich vergangene Woche beim Bauwelt Kongress. Dieser stellte nämlich die berechtigte Frage: Zukunft Wohnhochhaus? Chefredakteur der Bauwelt Boris Schade-Bünsow eröffnete den zweitägigen Kongress mit zahlreichen Fragen, etwa wie: Kann man bezahlbaren Wohnungsbau in Hochhäusern realisieren? Wo werden Hochhäuser in der Stadt platziert? Was passiert, wenn das Hochhaus in seinem Kontext nicht funktioniert? Wie lässt sich eine soziale Gemeinschaft im Hochhaus etablieren? Oder handelt es sich um den absoluten Prototypen für die endgültige Vereinsamung, wenn man die aktuellen Durchschnittsmieter (1-Personen Haushalte) in Städten näher betrachtet?

Gijs Rikken beim Bauwelt Kongress 2017

MVRDV-Partner Gijs Rikken sieht die Gefahr im Entwurf von monotonen, sich stets wiederholenden Grundrisstypen und Fassaden und plädiert für das vertical village, eine individualisierbare Wohnhochhausform, das das Büro bereits seit Langem untersucht. Genauso wichtig ist aber auch das bauliche Umfeld, das in der Planung miteinbezogen werden muss.

Dass der Begriff Wohnhochhaus nicht automatisch eine reine Monofunktionalität suggeriert, das zeigte auch der französische Architekt Dominique Perrault, der im Hochhaus eine Vielzahl an Funktionen plant und den gesamten Komplex als vertikale Stadt betrachtet, in dem neben dem Wohnen auch öffentliches Leben stattfindet.

Ole Scheeren auf dem Bauwelt Kongress 2017

Darüber hinaus spielt bei den vortragenden Architekten die Integration von Grün eine wichtige Rolle. Sei es durch eine grüne Fassade, dem vertikalen Garten, wie der Baseler Architekt Andreas Bründler erläuterte oder durch Grünflächen, die sich aus der Gebäudeform heraus entwickeln – gesehen u.a. bei Projekten von MVRDV und Ole Scheeren. Klar, der Blick und die meisten Beispiele kamen aus dem asiatischen Raum, dort wird schließlich die Kultur des Wohnhochhauses seit Jahrzehnten gelebt. Ob dies immer gut zu sein scheint, bleibt fraglich. Diese Wohnform ist allerdings eine bauliche Lösung für solche Städte mit den entsprechenden Einwohnerzahlen.

Auf den Boden der Tatsachen holte dann Stefanie Frensch, Geschäftsführerin der HOWOGE zurück. Zwar lobte sie die Urbanität und kulturelle Dichte des Prenzlauer Bergs als lebenswerten Stadtteil, stellte jedoch dem Besucher des Kongresses monofunktionale, gleichaussehende Lebebatterien, Verzeihung, Wohnhochhäuser vor, in denen das Thema Sicherheit eine wichtige Rolle spiele. Ein Pförtner oder Concierge (je nach Mietpreis) und Videoüberwachung sind von den Bewohnern erwünscht. Ist das nun die Weiterentwicklung dieser Urbanität, von der sie zuvor sprach?

Doch welches Problem haben denn die Deutschen mit Hochhäusern? Während sich aktuell die meisten Bauvorhaben im Luxussegment bewegen, wird auf Twitter befürchtet, dass die fortführende Segregation in Berliner Banlieues endet. Beispiele gibt es hierzu ausreichend, wenn man nach Paris oder ganz aktuell nach Großbritannien blickt.

Markus Allmann auf dem Bauwelt Kongress 2017

Für Markus Allmann von Allmann Sattler Wappner steht das Hochhaus als richtiger Repräsentant einer hedonistischen ich-bezogenen Gesellschaft. Es zeigt den gesellschaftlichen Erfolg des Einzelnen – je höher, desto erfolgreicher. Es handelt sich aber um eine Gebäudeform, die auf verdichtete Städte zukommt.

Fakt ist, wir haben einen sehr großen Nachholbedarf an Wohnraum. Fakt ist auch, dass diesem u.a. in Form von Wohnhochhäusern nachgegangen wird. Darum werden wir nicht rumkommen, da es einfach zu wenig freie Flächen gibt und wir es uns auch nicht mehr leisten können, so flach zu bauen. Dass es sich bei den Hochhäusern tatsächlich um hybride, vertikale Städte mit zahlreichen Grünanlagen handeln wird, kann man sich nur wünschen. Denn nur so bergen diese uns noch etwas unbekannten Formen ihre Potenziale für den städtischen Kontext. Sollte dies nicht geschehen, wiederholen wir einfach wieder unsere Geschichte der 60er und 70er Jahre und streben die Platte 2.0 an. Aber dieses Mal mit Concierge! Na dann, gute Überwachung.