Architektur

Wohnen auf dem Supermarkt an der Bundesstraße

Grundstück Fischbeker Heidbrook

Die Themen Großstädte, Lärm und Flächenmangel scheinen untrennbar und nehmen durch die Nachverdichtung weiterhin zu. Um eine lebenswerte Stadt der Zukunft zu erhalten, gilt es hierfür dauerhafte Lösungen zu finden. LRW Architekten haben sich der Thematik im Südwesten Hamburgs angenommen.

In Hamburg sind die Bebauungsflächen knapp. Umso mehr setzt man auf die Entwicklung neuer Stadtteile an den Rändern der Stadt. Das Projekt – Fischbeker Heidbrook – ist ein Teil einer Quartiersentwicklung in Neugraben, die bis 2019 durch die IBA Hamburg mit betreut wird. Auf dem ehemaligen Gelände der Röttinger Kaserne entsteht auf rund 54 Hektar in direkter Nachbarschaft zum Naturschutzgebiet Fischbeker Heide ein Wohnmix aus Einfamilienhäusern, Doppelhaushälften, Reihen- und Mehrfamilienhäusern. Auf der Fläche sind 1.200 Wohneinheiten geplant. Zudem sollen dort Gewerbeeinheiten und eine Kita angesiedelt werden.

Lärm und Dichte als Herausforderung

Lageplan Fischbeker Heidbrook
Lageplan Wohnbebauung Fischbeker Heidbrook | © LRW Architekten

Im nördlichen Bereich des Quartiers wurde nun ein Wohn- und Gewerbebau mit 55 Mietwohnungen, 20 davon öffentlich gefördert, von LRW Architekten fertiggestellt. Hierbei galt es, eine bauliche Lösung für die stark befahrene, direkt entlang des Grundstücks verlaufende B37, zu finden sowie zwei unterschiedliche Gebäudefunktionen auf einer geringen Fläche miteinander zu kombinieren. Die komplexe Anforderung, Wohnraum an lärmbelasteten Orten zu schaffen, ist dem Architekturbüro aus Hamburg bekannt. Schließlich wurden in den vergangenen Jahren bereits mehrere Projekte, etwa wie die Wohnbebauung an der Verbindungsbahn oder Wohnen am Eimsbütteler Marktplatz – beides Projekte an Hamburgs Magistralen –  fertiggestellt.

Wohnen auf dem Supermarkt

Fischbeker Heidbrook Wohnen
Ansicht des südlichen Wohnblocks | © Piet Niemann

Um eine möglichst dichte Bebauung durchzusetzen, sieht das Konzept eine klare Unterteilung der Funktionen vor. Während im gesamten Erdgeschossbereich alle öffentlichen Funktionen untergebracht werden, wird in den darüber liegenden Geschossen gewohnt. Die Grundrisse wurden im Erdgeschoss so konzipiert, dass man eine Flexibilität in der Strukturierung der Fläche besitzt. So lassen sich je nach Bedarf größere oder kleinere Nutzungen umsetzen.

Ostansicht FIschbeker Heidbrook
Ostansicht der südlichen Wohnbebauung | © Piet Niemann

Der Neubau dient als Lärmschutz für die dahinterliegende Bebauung. Um für die Anwohnerinnen und Anwohner ebenfalls einen maximalen Lärmschutz zu gewährleisten, wurde ein Großteil der Wohnungen im südlichen Bereich des Grundstücks angelegt. Im Norden soll der Lärm der B37 über eine Laubengangerschließung minimiert werden. Alle Räume öffnen sich mit großen Fenster- und Loggienflächen weg von der Straße Richtung Süden. Ein Dachspielplatz oberhalb des Supermarkts schafft neue freiräumliche Qualitäten und verbindet die nördlichen Wohnungen mit den südlichen.

Spielfläche LRW Architekten
Blick Richtung Norden auf die Spielfläche | © Piet Niemann

Die Wohnblöcke im südlichen Bereich wurden so angeordnet, dass sie untereinander kleine, nutzbare Innenhöfe ausbilden. Darin findet sich ausreichend Raum, um gemeinschaftliche Gartenkonzepte oder Kinderspielflächen umzusetzen.

Grundriss EG
Grundriss Erdgeschoss | © LRW Architekten
Grundriss 1. OG
Grundriss 1. Obergeschoss | © LRW Architekten
Grundriss 3. OG
Grundriss 3. Obergeschoss | © LRW Architekten

Kritik

Das Gebäude hebt sich in seiner Struktur von den Nachbarbebauungen ab. Das liegt zum einen daran, dass man darin eine große Gewerbefläche unterbringen musste, zum anderen dient der Bau als Lärmschutz für die dahinterliegenden Bauten. Der Entwurf entspricht einer aktuellen Baukultur, in der es darum geht, eine maximale Dichte auf wenig Fläche zu schaffen. Dies wirkt in diesem Fall jedoch sonderbar, wenn man den Lageplan betrachtet und feststellt, wieviel Parkplatzfläche der Wohnfläche gegenübersteht. Wäre in dem Fall vielleicht der Bau einer Tiefgarage sinnvoller gewesen, um weitere Wohnraumfläche zu schaffen?

Grundstück Fischbeker Heidbrook LRW Architekten
Blick auf das Grundstück | © Piet Niemann

Eine schöne Lösung ist die Nutzung der Dachflächen, die man selbst auf die Dachgeschosse der Wohngebäude hätte ausweiten können. Durch das Ausbilden der Innenhöfe entstehen neue, qualitativ-hochwertige Räume die gleichzeitig einen Ort der Gemeinschaft und Nachbarschaft bilden.

Stützen Fischbeker Heidbrook
Detailansicht der Stützen | © Piet Niemann

Fakten:
Standort: Cuxhavener Straße, Neugraben-Fischbek
Größe: 11.530 qm BGF
Energiestandard: KfW 55 – Effizienzhausstandard
Zertifizierung: DGNB Platin
Planung: 2014-2015
Baubeginn: 05.2016
Fertigstellung: 09.2018
Bauherr: Procom Invest GmbH & Co. KG
Architektur: LRW Architekten
Fotografie: Piet Niemann

Verortung Fischbeker Heidbrook
Verortung Fischbeker Heidbrook