Architektur

In Harburg entdeckt man die Terrassenhäuser wieder

Visualisierung des Quartiers mit Blick auf den Kopfbau im Nordosten |Duplex Architekten

In Hamburg Harburg entsteht auf einem ehemaligen Sportplatz ein neuer Wohnungsbau. Geplant wird das Ensemble von Duplex Architekten aus Zürich.

Der Hamburger Süden ist aktuell insbesondere davon geprägt, dass der Druck auf den Wohnungsmarkt längst nicht so akut ist, wie in den Stadtteilen nördlich der Elbe. Zwar wird bereits an einigen Stellen, wie etwa dem Harburger Binnenhafen, eifrig nachverdichtet. Doch Harburg verfügt weiterhin über eine Vielzahl an Orten mit besonderer Wohn- und Lebensqualität, die langsam entdeckt werden. Erst vor Kurzem wurde in Eißendorf der Wettbewerb für den Neubau eines kleinen Wohnquartiers entschieden. Das Schweizer Architekturbüro Duplex Architekten mit Standorten in Hamburg und Düsseldorf plant das Projekt mit rund 170 Wohnungen.

Mehr als Wohnen

Das Architekturbüro ist bekannt für die Entwicklung außergewöhnlicher Wohnlösungen. Das Vorzeigeprojekt „Mehr als Wohnen“, das vor einigen Jahren im Züricher Hunziker Areal fertiggestellt wurde, gilt als Vorzeigeprojekt für ein urbanes Wohnquartier. Neben unterschiedlichen Wohnformen, findet man kleine Gewerbe-, Büro- und Atelierräume sowie ein Gasthaus vor. Die Mieten sind bezahlbar, da es sich um ein genossenschaftliches Projekt handelt. Im Vergleich dazu fällt der Harburger Entwurf etwas konventioneller aus.

Schwarzplan Duplex Architekten
Schwarzplan | © Duplex Architekten

Hamburger Terrassenhäuser

Wie man dem Schwarzplan entnehmen kann, hebt sich die Neuplanung in ihrer städtebaulichen Form deutlich von den Bestandsbauten der Nachbarschaft ab. Die Thematik der umliegenden Zeilenbebauung wird zwar aufgegriffen, allerdings wird sie in diesem Entwurf weiter interpretiert und stützt sich auf einen historischen Bautypus, den man heutzutage kaum noch im Stadtraum vorfindet: das Hamburger Terrassenhaus. Charakteristisch für Terrassenhäuser ist, dass sie als mehrgeschossige Zeilenbauten hinter einem Vorderhaus längs platziert werden. Die Abstandsflächen zwischen den Gebäuden waren sehr gering, sodass die Wohnungen immer sehr dunkel ausfielen und kaum Lüftung zuließen. Darüber hinaus gab es damals keine Sanitärräume innerhalb der Gebäude, was zu unhygienischen Zuständen führte. Gebaut wurden die Terrassenhäuser Ende des 19. Jahrhunderts, als in Hamburg – ähnlich wie heute – drastischer Wohnraummangel herrschte. Was früher nur für die Ärmsten gedacht war, wird heutzutage in modernisierter Form zu hohen Preisen vermietet. Denn die Terrassenhäuser sind geschützt vor Straßenlärm, autofrei und bilden mit ihrer kleinteiligen Struktur und den schmalen Höfen charmante Orte des Verweilens und des Austauschs.

Lageplan Duplex Architekten
Lageplan | © Duplex Architekten und grabner huber lipp landschaftsarchitekten und stadtplaner

Eine Neuinterpretation

Genau diese Kriterien sind nun Vorbild für die Bebauung in Harburg. Zwar liegt in Eißendorf eine andere städtebauliche Dichte als beispielsweise auf St. Pauli vor, doch durch die Zeilenbauten wird die Fläche optimal genutzt. Die erhöhte Lage des Grundstücks und die kammartige Bebauungsstruktur ermöglichen für fast alle Bewohnerinnen und Bewohner einen besonderen Ausblick über den Stadtteil. Die Innenhöfe sind grüne Gartenhöfe, die sich zum Süden hin öffnen und Freizeit- und Spielflächen bieten. Im Norden befindet sich der Gemeinschaftsplatz, über den die einzelnen Wohnungen erreicht werden. Die Gassen zwischen den Bauten sind komplett autofrei, was laut Architekturbüro zu einer stärkeren Nachbarschaftsbildung führen soll. Im Osten des kleinen Quartiers ist ein Marktplatz geplant, der künftig sowohl von den Anwohnerinnen und Anwohnern als auch der umliegenden Nachbarschaft genutzt werden soll. Im nordöstlichen Kopfbau sind im Erdgeschoss Gewerbeflächen sowie Flächen für den Einzelhandel vorgesehen. Die Kita wird im Erdgeschoss des westlichen Kopfbaus angesiedelt.

Piktogramm mit der Aussicht Duplex Architekten
Piktogramm mit der Aussicht | © Duplex Architekten
Visualisierung des Wohnquartiers Duplex Architekten
Visualisierung des Wohnquartiers | © Duplex Architekten

Verschiedene Wohnformen für unterschiedliche Bedürfnisse

Die Gebäude am Gemeinschaftsplatz sind viergeschossig, die anknüpfenden Zeilenbauten dreigeschossig. In den Zeilen variiert man zwischen Reihenhäusern und den gängigen Zwei- bzw. Dreispännern mit Zwei- bis Vier-Zimmerwohnungen. Im Nordosten hebt sich der Kopfbau durch seine Struktur von den restlichen Bauten ab: Hier werden die einzelnen Wohnungen über einen innenliegenden Laubengang erschlossen und öffnen sich damit zueinander und zum Innenhof. 58 der insgesamt 169 Wohnungen sind gefördert. Ein genauer Baubeginn steht noch nicht fest.

Grundriss Gemeinschaftshaus im Kopfbau Duplex Architekten
Grundriss Gemeinschaftshaus im Kopfbau | © Duplex Architekten
Grundriss Dreispänner Duplex Architekten
Grundriss Dreispänner | © Duplex Architekten
Grundriss Zweispänner Duplex Architekten
Grundriss Zweispänner | © Duplex Architekten
Grundriss Zweispänner klein Duplex Architekten
Grundriss Zweispänner klein | © Duplex Architekten
Grundriss Reihenhaus Duplex Architekten
Grundriss Reihenhaus | © Duplex Architekten

Fakten
Architektur: Duplex Architekten Zürich | Düsseldorf | Hamburg
Landschaftsarchitektur: Grabner Huber Lipp Landschaftsarchitekten
Auftraggeber: Projektgesellschaft Lichtenauerweg GbR
BGF: 21.060 m2

Verortung Harburg Eißendorf
Verortung Harburg Eißendorf