Architektur

Neue Ausblicke über Harburg

Visualisierung Wohnhochhaus © ROBERTNEUN

ROBERTNEUN™ Architekten planen ein Wohnhochhaus im Harburger Binnenhafen

Harburg bildete lange Zeit für viele Menschen, die nördlich der Elbe leben, nicht unbedingt einen starken Bezugsort. Manch Eine*n verschlug es sicherlich ab und an zu einem Besuch im Kunstverein Harburger Bahnhof. Aber ist das wirklich Alles, was Harburg zu bieten hat? Die zahlreichen Qualitäten findet man erst bei genauerem Hinschauen, und sie reichen von spannender Street-Art bis zu einer umgenutzten Trinkhalle. Das Potenzial der direkten Lage am südlichen Ufer der Süderelbe wurde bereits vor vielen Jahren entdeckt, weshalb sich der Binnenhafen nach und nach zu einem mischgenutzten Quartier weiterentwickelt. 

Neben einigen bereits umgesetzten Projekten wurde vor wenigen Wochen der Wettbewerb für die Gestaltung des Neuländer Quarrees am östlichen Bahnhofskanal entschieden. Auf einer Gesamtfläche von rund 44.000 m2 entsteht zwischen Gleisen und Wasser ein neues durchmischtes Quartier. Dabei werden einzelne Blöcke von unterschiedlichen Büros geplant: Das südafrikanische Büro SAOTA Architecture and Design planen einen Block in dem Mietwohnungen, Gastronomie und Einzelhandel umgesetzt werden. BeL Sozietät aus Köln entwickeln zwei Blöcke mit Mietwohnungen, Einzelhandel, Gastronomie und eine Kita. Das Berliner Büro ROBERTNEUN™ Architekten planen ein Wohnhochhaus und ein Technologiezentrum. Im Folgenden wird das Wohnhochhaus näher vorgestellt.

Lageplan | © ROBERTNEUN™
Lageplan | © ROBERTNEUN™

Multiplizierte Flächen

Der Neubau befindet sich an der Kante eines bestehenden Wasserbeckens. Der Entwurf wirkt in seiner Grundform so, als hätte man die Fläche des Beckens zuvor einmal ausgestanzt, direkt daneben platziert und in die Höhe multipliziert. Um das Wasserbecken entsteht ein neuer öffentlicher Freiraum, der von den Anwohnerinnen und Anwohnern genutzt werden kann. Tribünenartige Stufen führen zum Wasser hinab und laden zum Verweilen ein. 

Modell des Wohnhochhauses und Technologiezentrum am Neuländer Quarree | © ROBERTNEUN™
Modell des Wohnhochhauses und Technologiezentrum am Neuländer Quarree | © ROBERTNEUN™

Das Hochhaus gliedert sich in eine öffentlich nutzbare Sockelzone und einen darüber liegenden Wohnbereich. Der Sockel wird baulich zurückgezogen, die darüber liegenden Wohnungen werden über V-Stützen, die an Hafenkräne in der Umgebung erinnern sollen, aufgeständert. Im Sockel ist ein gastronomisches Angebot vorgesehen, das sich über zwei Geschosse zum Wasserbecken hin öffnet.

Visualisierung Wasserbecken mit tribünenartigen Stufen | © ROBERTNEUN™
Visualisierung Wasserbecken mit tribünenartigen Stufen | © ROBERTNEUN™

Die Erschließung der Wohnungen erfolgt über einen östlich gelegenen Eingang. Über zwei Aufzüge gelangen die Bewohnerinnen und Bewohner zu den Etagen. In jedem Geschoss sind acht Wohnungen vorgesehen. Um eine Anonymität der Bewohnerinnen und Bewohner zu vermeiden, werden die Etagen in 2×4 Zugänge zu den Wohnungen gegliedert.  

Flexible Grundrissgestaltung durch ein einfaches Raster

Die Grundrisse orientieren sich an einem quadratischen Raster, das um 45° gedreht wurde. Durch diese Anordnung lassen sich die Grundrisse geschossweise flexibel setzen, womit unterschiedliche Wohnraumgrößen möglich sind. Grundsätzlich sollen die 2-Zimmer-Wohnungen an die Längsseite des Gebäudes platziert werden, die größeren Wohnungen werden an die Stirnseiten gesetzt. Durch die Drehung der Grundrisse um 45° können neue Raumwirkungen und -situationen entstehen. In der Mitte jeder Wohnung befindet sich ein flexibler Raum, an den weitere Räume geschaltet werden können. 

Grundrissvarianten-Schema | © ROBERTNEUN™
Grundrissvarianten-Schema | © ROBERTNEUN™
Grundrissvarianten | © ROBERTNEUN™
Grundrissvarianten | © ROBERTNEUN™

Eine markante Zick-Zack-Fassade erinnert an die umliegende Siloarchitektur, die teilweise noch im Quartier vorhanden ist, interpretiert diese jedoch weiter und macht sie passend für eine Wohnnutzung. Mit diesem Zick-Zack-Raster werden unterschiedliche natürliche Belichtungssituationen in den Wohnräumen geschaffen, die gleichzeitig ausreichend Privatsphäre bieten. Bei den Fassaden entschied man sich für hinterlüftete Metallfassaden, die entweder aus verzinktem Stahlblech oder Aluminium aus einer 20×20 Millimeter-Profilierung bestehen.

Visualisierung Innenraum mit Loggia | © ROBERTNEUN™
Visualisierung Innenraum mit Loggia | © ROBERTNEUN™

Jede Wohnung verfügt über mindestens eine Loggia. Um eine übermäßige Schallbelästigung zu verhindern, werden auf die Brüstungen verschiebbare Prellscheiben eingebaut.

Wer darf hier Wohnen?

Das Gebäude mit der besonderen Anordnung der Grundrisse in Kombination mit der Fassadenstruktur wird nur für Käuferinnen und Käufer verfügbar sein. Es wäre auch sehr Hamburg-Untypisch, wenn solche Wohnräume als frei finanzierte oder gar geförderte Mietwohnungen zur Verfügung stehen würden.

Das ist schade, denn Hochhäuser werden in der Planung häufig als vertikale Städte mit einer Bewohner- und Nutzungsdurchmischung verstanden. So ein Vorhaben klappt leider selten, denn die Bauherren haben in der Regel ganz andere Pläne mit dem Gebäude. Und so schwebt diese exklusive Gemeinschaft über dem öffentlichen Raum.

Visualisierung Innenraum | © ROBERTNEUN™
Visualisierung Innenraum | © ROBERTNEUN™

Der Baubeginn des Projekts ist für 2020, die Fertigstellung für 2023 geplant.

Fakten:
Standort: Hamburg Harburg
Architektur: ROBERTNEUN™ Architekten
Bauherr: CG Gruppe

Verortung Harburger Binnenhafen
Verortung Harburger Binnenhafen