Bezahlbares Mikrowohnen. Das und Mehr stellte Baron Caspar Voght Ende des 18. Jahrhunderts seinen Landarbeiter*innen zur Verfügung, die sich um die Pflege des Jenischparks gekümmert haben. Arbeiter*innenwohnen, ein Thema so aktuell wie eh und je.
Aprilwetter im März, daher hier noch kürzlich aufgenommener Schnee. Ich habe das erste Mal bewusst die sogenannten Instenhäuser am Jenischpark wahrgenommen und war sogleich verliebt in den guten Erhaltungszustand des reetgedeckten Fachwerkriegels, das menschliche Maß, die Details dieser Arbeiter*innenwohnhäuser.
Der Erbauer und „Geist“ der gesamten Anlage, Baron Caspar Voght, hatte im Sinne einer „ornamented farm“ einen um Landwirtschaft erweiterten englischen Landschaftsgarten errichten lassen. Die Landarbeiter*innen, die hier tätig waren, kamen bei Voght in den unüblichen Luxus von Wohnraum, den ihnen ihr Arbeitgeber gegen eine geringe Miete samt eigener Gartenparzelle zur Verfügung stellte. Sie konnten somit zu „Insten“ (niederdeutsch), d.h. „Insassen“ werden und elf Mal auf 24,5 Quadratmetern ein Zimmer mit Küchenzeile, Wandbett und Flur bewohnen. Die Anwohnenden erhielten nicht nur ein hohes Gehalt – Voght übernahm zusätzlich anfallende Arztkosten. Er erhoffte sich durch diese und weitere „Benefits“, wie wir es heute nennen würden, eine Bindung seiner Tagelöhner*innen an ihren Arbeitgeber.
Besondere Aufmerksamkeit erregte bei mir das kleine ovale Fenster an der südlichsten der Wohnungen. Dort, so lese ich auf der Website des Vereins „Freunde des Jenischparks e.V.“, wachte einst die „Beschließerin“ des ehemaligen Süderparks und heutigen Jenischparks.
Über den dahinter anschließenden Jenischpark kann man hier auf der Seite in einem eigenen Blogbeitrag mehr lesen.
Diese Instenhäuser sind nicht zu verwechseln mit den neueren Instenhäusern, die in der Jürgensallee rund 40 Jahre später von Martin Johan Jenisch ergänzt wurden und seit letztem Jahr saniert als Ferienwohnungen vermietet werden.
Dem Arbeiter*innenwohnen ist übrigens die Ausgabe 1.23 der Zeitschrift „Industriekultur“ gewidmet, die ich euch sehr empfehle – das Thema ist wieder von großer Aktualität in Zeiten knappen Wohnraums. Hier könnt ihr euch die Inhalte des Heftes anschauen.
DATEN:
Baujahre: 1786, 1798, 1786 und 1798
Denkmalnummer: 18005
Adresse: Baron-Voght-Straße 52-72, 22609 Hamburg
Google-Maps-Link: https://goo.gl/maps/jKPnyzwxtpREnJgk8
Über Louisa Schwope Auf ihrem Instagram-Account @denkmalanhamburg zeigt Louisa Schwope fotografische Begegnungen mit Hamburger Denkmälern. Unter dem Motto "Eine Einladung – ein Schaufenster – ein Spaziergang" will sie Lust machen, sich selbst auf Entdeckungstour zu begeben, Hamburgs Denkmäler mit neuem Blick zu betrachten.