Architektur

Hereingeguckt!

Nach 40 Jahren und drei Anläufen: Das Atelierhaus der HFBK wurde fertiggestellt.

Die erste der beiden gelben Kunststoffellipsenhälften prallt auf den Boden. Langsam wird sie mit Hilfe zweier Motoren in die angespannte Ausgangsbiegung zurück gezogen, während die zweite Kunststoffellipsenhälfte lautstark aufprallt. Auf der gegenüberliegenden Wand flimmert Schneetreiben auf zwei Bildschirmen. Interessierte und Studierende betrachten die Kunstwerke. Hier, in dem Ausstellungsraum mit dem Schaufenster zum Lerchenfeld werden die Arbeiten für den HISCOX Kunstpreis präsentiert. Es ist die Eröffnung der beliebt-bekannten Jahresausstellung der HFBK und gleichzeitig die Eröffnung des neuen Atelierhauses.

Galerie im neuen Atelierhaus mit der Ausstellung der HISCOX-Nominierten | © Lukas Engelhardt

Ein langwieriges Bauvorhaben

40 Jahre hat es gedauert – drei Anläufe wurden benötigt, bis das Atelierhaus in diesem Winter fertiggestellt wurde. Den ersten Wettbewerb gewannen 1980 gmp Architekten. 20 Jahre später wurde ein weiterer Wettbewerb ausgelobt, den damals Alt & Britz Architekten aus Saarbrücken gewonnen haben. Weshalb das Gebäude weder im ersten noch im zweiten Anlauf gebaut wurde, kann laut dem Präsidenten der HFBK, Professor Martin Köttering, heute niemand mehr richtig rekonstruieren. Im dritten Anlauf 2017 gewannen den Wettbewerb schließlich Winking Froh Architekten und nach zwei Jahren Bauzeit stehen Bauherr:in Sprinkenhof GmbH, Nutzer:in HFBK und Architekt Prof. Bernhard Winking sichtlich erleichtert und stolz in einem der drei Ausstellungsräume des Neubaus.

Lageplan. Der Neubau verläuft parallel zum Lerchenfeld und bildet damit einen spannungsreichen Raum zwischen Atelierhaus und HFBK-Hauptgebäude. | © Winking Froh Architekten

Kuben im Kubus

Ein in sich geschlossener Kubus knüpft mit schräger Lücke an das historische Hauptgebäude Fritz Schumachers an. Das neue Atelierhaus greift zwar die Form der drei Pavillons des Bestandsbau auf, richtet sich jedoch im Gegensatz zum Fritz Schumacher Bau an der Straßenflucht des Lerchenfelds aus, was zu diesem schräg verlaufenden Raum zwischen den beiden Bauten führt. Die 1913 erbaute Kunstgewerbeschule orientiert sich baulich hingegen am Eilbekkanal und verläuft daher leicht schräg zum Lerchenfeld.Der Eingang des Atelierhauses befindet sich zurückversetzt an der Seite und tritt damit nicht in Konkurrenz mit dem Haupteingang, der sich an der Ecke Lerchenfeld, Eilbekkanal befindet. Das gesamte Erdgeschoss des Neubaus ist als Ausstellungsfläche für die Studierenden vorgesehen. Die Ateliers – insgesamt 12 – verteilen sich über die drei darüber liegenden Geschosse. Diese werden künftig Master-Studierenden der Fächer Malerei und Zeichnen sowie Bildhauerei und zeitbezogene Medien zur Verfügung stehen.

Der größte Ausstellungsraum öffnet sich mit einem großen Schaufenster zum Lerchenfeld und lädt Passant:innen zum hineingucken ein. | © Winking Froh Architekten, Foto: Stefan Müller

White Cube

Im Zentrum des Gebäudes befindet sich eine viergeschossige Halle mit Luftraum und Oberlicht. Um diese Halle ordnen sich die Zugänge der Atelierräume an. Durch die Kompaktheit des Luftraums entsteht ein verbindender Raum zwischen den Geschossen, der als kommunikatives Element verstanden wird. Die Atelierräume sind reduziert gestaltet und erinnern im ersten Moment an einen white cube: ein leerer Raum mit viel weißer Wandfläche. An den Ecken unterbrechen raumhohe, schmale Fenster die geschlossenen Flächen. Eine Stahlspüle steht in einer Nische, Toiletten und Abstellflächen verschwinden hinter weißen Türen im Erschließungskern. Heizung und Beleuchtung sind an der sichtbaren Stahlbetonrippendecke befestigt.

Blick auf den Luftraum und die Eingänge zu den Atelierräumen | © Tim Albrecht
Blick in einen Atelierraum mit viel weißer Wandfläche und der Stahlbetonrippendecke| © Winking Froh Architekten, Foto: Stefan Müller
Grundriss Erdgeschoss mit den drei Ausstellungsräumen | © Winking Froh Architekten
Grundriss 1. Obergeschoss: Toiletten und Abstellflächen sind in den Erschließungskern eingelassen. | © Winking Froh Architekten
Querschnitt durch das Gebäude | © Winking Froh Architekten
Blick in das Haupttreppenhaus | © Tim Albrecht
Blick zum Oberlicht im Luftraum | © Winking Froh Architekten, Foto: Stefan Müller

Prägende Außenwände

Ein leicht bläulicher Klinker hüllt den Neubau fast komplett ein. Einzelne Steine ragen durch die Trocknung leicht verformt und mit etwas verbrannten, dunklen Stellen aus der sonst glatten Fläche heraus und strukturieren die Fassade damit etwas mehr. Im strengen Raster schrägt sich die Klinkerwand zum Fenster hin ab, was von Weitem wie eine sanfte Prägung wirkt. Durch den geschossweisen Wechsel der Stanzrichtung werden die Atelierräume von außen ablesbar. Mit einem großen Schaufenster zum Lerchenfeld öffnet sich das Atelierhaus mit dem größten Ausstellungsraum zur Nachbarschaft. Zur Eröffnung des Gebäudes sahen die Räume noch unberührt aus. Spannend wird es richtig, wenn sich die Studierenden die Räume im Laufe der Zeit aneignen.

Frontalansicht Neubau | © Tim Albrecht
Außenansicht Fassade | © Klaus Frahm
Blick auf das Atelierhaus und die HFBK | © Tim Albrecht

DATEN:
Architektur: Winking Froh Architekten
Bauherr:in: Sprinkenhof GmbH
Standort: Hamburg-Uhlenhorst
BGF: 3.800 qm
Bauzeit: 2020-2022
Kosten: 10,3 Mio Euro

Verortung HfbK
Verortung HFBK