In dieser neuen Rubrik stellen wir jeden Monat ein Denkmal vor. Im Juli ist es die Wasserkunst Elbinsel Kaltehofe.
Für alle, die sich während heißer Hamburger Sommertage einen Ausflugstipp wünschen, ohne dass dabei die Industriekultur zu kurz kommt, ist dies eine ultimative Empfehlung: die Elbinsel Kaltehofe.
In Zeiten der Pandemie rückt die Geschichte der Wasserkunst Elbinsel Kaltehofe wieder in den Vordergrund. Denn vor 130 Jahren brach in der Hansestadt eine andere Seuche aus: die Cholera. Von rund 17.000 Erkrankten starben 8.000 Menschen – ein erschreckend hoher Anteil. Robert Koch (der, von dem das RKI seinen Namen hat) hatte schon einige Jahre zuvor nachgewiesen, dass der Grund für den Cholera-Ausbruch das verseuchte Trinkwasser war.
Was hat der Cholera-Ausbruch mit Kaltehofe zu tun? Es handelt sich hierbei um eine Sandfiltrationsanlage, mit der das Elbwasser als Trinkwasser aufbereitet und gereinigt wurde. Wäre man nämlich den Empfehlungen des englischen Ingenieurs William Lindley nachgekommen, der bereits in den 1850er Jahren die Planungen für eine solche Anlage aufgestellt hatte, hätte sich die Katastrophe vermutlich verhindern lassen. Es mangelte allerdings an Geld. 1878 berichtete die Stadtverwaltung von der „Verstopfung der häuslichen Einrichtungen durch kleine Fische und Aale“, weil das Elbwasser relativ ungefiltert in den Wohnhäusern ankam. Stellt euch das in eurem Waschbecken vor?! Leitungen im Allgemeinen waren Ende des 19. Jahrhunderts übrigens noch nicht allzu lange der Standard. Davor haben Träger das Wasser von öffentlichen Wasserstellen in die Haushalte transportiert. Ihr kennt sicher den Hamburger Wasserträger Hans Hummel (Hummel Hummel, Mors Mors)?
Nach den ersten Planungen Lindleys dauerte fast 40 Jahre, bis der Oberingenieur Franz Andreas Meyer, der auch den Bau der Speicherstadt maßgeblich verantwortete, Kaltehofe als Filtrationsanlage realisieren ließ. Das Prinzip: An einer Schöpfstelle an der Billwerder Insel wird der Elbe Rohwasser entnommen, das in vier Ablagerungsbecken vorgeklärt wird. Von dort wird das Wasser über ein natürliches Gefälle in die 22 Sandfilterbecken auf Kaltehofe geleitet.
Für die Zu- und Ableitung aus den einzelnen Becken braucht es die schmucken, sogenannten „Schieberhäuschen“, die Meyer im neogotischen Stil bauen ließ. Das Wasser sickerte binnen 20 Stunden durch 1,5 Meter Sand, Kies und Steine bis an den Grund des Beckens, von wo das dann keimfreie Wasser in einem Kanalsystem über einen Düker an das Pumpwerk in Rothenburgsort transportiert wurde. Der Austausch des Filtersandes war unfassbar harte Arbeit, die glücklicherweise mittlerweile nicht mehr verrichtet werden muss – wir beziehen längst Grundwasser, und die Anlage ging 1990 endgültig außer Betrieb. Sie ist heute denkmalgeschützt und teils Naturschutzgebiet. Im Café im ehemaligen hygienischen Institut (die pittoreske Villa) gibt es heute für Ausflügler Infos und Kaffee und Kuchen.
Wer mehr über die Geschichte der Wasserversorgung in Hamburg sowie die Elbinsel erfahren möchte, dem empfehle ich das 15. Hamburger Bauheft aus dem Schaff-Verlag, das sich Kaltehofe widmet.
DATEN:
Baujahr: 1891-1893
Denkmalnr.: 30194
Entwurf: Baudeputation, Ingenieurwesen/Franz Andreas Meyer
Adresse: Kaltehofe-Hauptdeich 7, 20539 Hamburg
Google-Maps-Link: https://goo.gl/maps/RnewxMm9u68bMRXV6
Über Louisa Schwope Auf ihrem Instagram-Account @denkmalanhamburg zeigt Louisa Schwope fotografische Begegnungen mit Hamburger Denkmälern. Unter dem Motto "Eine Einladung – ein Schaufenster – ein Spaziergang" will sie Lust machen, sich selbst auf Entdeckungstour zu begeben, Hamburgs Denkmäler mit neuem Blick zu betrachten.