Von der Kathedrale der Elektrizität zu einem Kulturort. Das Kraftwerk Bille in Hammerbrook blickt auf eine lange Geschichte zurück.
Wenn man überlegt, wie einflussreich elektrische Energie heute in allen Lebensbereichen ist, ist es eigentlich erstaunlich, dass es sie noch gar nicht so lange gibt. Vor rund 130 Jahren wurde noch die Anzahl der in der Stadt vorhandenen elektrischen Glühlampen erfasst, während es heute undenkbar ist, einen Tag ohne Stromversorgung auszukommen. Das Kraftwerk Bille in Hammerbrook ist das einzige erhaltene Kraftwerk aus der Anfangszeit der sogenannten „Centralen“ in Hamburg. Die frühen Kraftwerke werden auch Kathedralen der Elektrizität genannt. Wenn man in den erhebenden großen Hallen steht weiß man sofort, warum.
In Hammerbrook wurde auf einstigem Marschboden nach Erhöhung und Kanalisierung durch die HEW (Hamburger Electricitäts-Werke AG) von 1899 bis 1901 dieses Kraftwerk als Centrale an der Bille errichtet. Der produzierte Strom diente in erster Linie den Straßenbahnen und der Straßenbeleuchtung.
Die drei Hallen zeigen die im Grunde auch heute noch typische Gliederung eines Kohlekraftwerks: ein ehemaliges Kohlenlager, in der Mitte die Kesselhalle, in der die Kohle verbrannt und Wasser erhitzt wurde, und rechts die Maschinenhalle, in der mit dem Wasserdampf Turbinen und darüber wiederum Generatoren angetrieben wurden. Dabei entsteht elektrischer Strom. Die Gebäude wurden im Laufe der Zeit umgebaut, weil sich der Bedarf und die Funktion des Kraftwerks geändert haben.
Nach dem ergänzenden Bau eines ersten Wandlerwerks im Jahr 1915, erfolgte in den 1930er Jahren die Umnutzung zu einem Umspannwerk. Das hohe Gebäude mit einer streng vertikalen Fassadengliederung, auf dem Richtung Westen heute der Schriftzug „EUROPA“ leuchtet, ist 1931 als zweites Wandlerwerk errichtet worden; Teile des alten Kohlenlagers wurden dafür abgerissen.
Vor hundert Jahren stand das Kraftwerk inmitten eines dicht besiedelten Wohngebietes. Keine 30 Meter entfernt standen fünfstöckige Wohnhäuser! Ein Feuersturm, ausgelöst durch die massive Bombardierung der „Operation Gomorrha“, hat im Juli 1943 quasi den kompletten Stadtteil ausgelöscht. Dass das Kraftwerk noch steht, ist umso erstaunlicher. Nachdem es fast zu einem Teilabriss gekommen wäre und massiv dagegen demonstriert wurde, steht das Kraftwerk seit 2011 unter Denkmalschutz.
Über viele Jahre sind im Kraftwerk viele künstlerische und gewerbliche Nutzungen tätig gewesen, die sich sehr mit dem Ort identifizieren (wie beispielsweise die HALLO: Festspiele). Derzeit wird nach mehreren Verkäufen die Sanierung des Kraftwerks geplant. Wer die Presse verfolgt hat weiß, dass intensiv um die Nutzungen gestritten wurde. Mich hat über die letzten sieben Jahre über Engagement, Freundschaften, Arbeit vieles mit den Gebäuden verbunden. Ich hätte nicht gedacht, dass man so an alten Steinen hängen und von ihnen lernen kann!
Wer mehr über die Gegend rund um den Bullerdeich erfahren möchte, dem*der möchte ich unsere Audiotour ans Herz legen:
https://parksaudiotouren.bandcamp.com/album/von-kan-len-krieg-und-kraftwerken-die-bullerdeich-tour
DATEN:
Baujahr: 1899-1901
Umbauten: 1931/1938
Denkmalnummer Ensemble: 30171
Adresse: Anton-Ree-Weg 50, Bullerdeich 12, 14, 20537 Hamburg
Google-Maps-Link: https://goo.gl/maps/oaoQiGbidavPHFNo8
Über Louisa Schwope Auf ihrem Instagram-Account @denkmalanhamburg zeigt Louisa Schwope fotografische Begegnungen mit Hamburger Denkmälern. Unter dem Motto "Eine Einladung – ein Schaufenster – ein Spaziergang" will sie Lust machen, sich selbst auf Entdeckungstour zu begeben, Hamburgs Denkmäler mit neuem Blick zu betrachten.